Das ist eine gute Frage, die mir mal ein Kind stellte. Es war dem Kind schnell erklärt: Ein Hund stammt vom Wolf ab und der hat sich vor ca. 20.000 Jahren dem Menschen angeschlossen… bla… bla… bla… usw. Jeder kennt diese Geschichte. Aber reicht das zur Erklärung?
Später Zuhause beschäftigte mich die Frage immer mehr und mir kam langsam die Erkenntnis, dass hier der Schlüssel liegt.
In der Antwort zu dieser Frage liegt der Punkt, den wir brauchen um Hunde zu verstehen. Mit dieser Antwort erklären sich die Schwierigkeiten, die wir heute mit unseren Hunden haben. Wir Menschen haben es einfach vergessen, was ein Hund wirklich ist.
Für uns ist der Hund oft …
Wir sehen in einem Hund dieser Zeit …
Mit all ihren Fähigkeiten, mit ihrer Art zu kommunizieren, zu denken und zu handeln können sie uns leicht beeinflussen. Wir sehen die Hunde als wären sie Menschen, deshalb behandeln wir sie dann auch so und erwarten von ihnen Dinge, die sie nicht leisten können.
Auch verstehen wir manche ihrer Handlungen nicht, interpretieren menschliches Verhalten oder menschliche Ziele hinein und sind enttäuscht, dass die Hunde nicht so reagieren wie wir Menschen es tun würden.
Wir haben durch Film- und Fernsehhunde (auch Filmtiere im Allgemeinen) verdrängt, dass ein Hund ein HUND ist.
Ein Lebewesen mit völlig anderen Bedürfnissen als die unseren, ein Lebewesen, dessen Ziele ganz anders gerichtet sind und ein Lebewesen, dessen Weltbild ein völlig anderes ist.
Vieles was für uns im täglichem Leben von großer Bedeutung ist, ist dem Hund völlig egal, er giert nicht nach Geld, schönen Möbeln, tollen Autos, er schaut keine Börsennachrichten, liest keine Zeitung und politische Ereignisse prallen an ihm einfach ab. Iphone, Computer und Co. spielen in seinem Leben keinerlei Rolle.
An einem Bankgebäude interessieren ihn höchstens die Gerüche der Hausecke.
Um zu verstehen was ein Hund wirklich ist, müssen wir uns etwas zurückbesinnen und moderne, wissenschaftliche Erkenntnisse einbeziehen. Klar und emotionslos einfach mal darüber nachdenken und dann feststellen, was ein Hund ist.
Ein Hund ist ein Nachfahre des Wolfes. Er hat sich über tausende von Jahren dem Menschen und dessen Lebensstil angepasst. Zeit, Evolution und Intelligenz haben aus ihm ein Lebewesen geschaffen, das gelernt hat wie es den Menschen manipulieren kann. Kaum ein anderes Tier hat es nicht nur in unsere Wohnungen geschafft, sondern bis auf unsere Couch oder sogar bis in unser Bett.
Ganze Familien richten ihr Leben nach dem Hund aus, planen Urlaub, Autokauf, Wohnungseinrichtung und Immobilienkauf nach ihm. Da muss es uns nicht wundern, dass dieses intelligente, anpassungsfähige Wesen auf die Idee kommt, der Mittelpunkt des Besitzers zu sein, Forderungen stellt und diese dann auch durchsetzt. Der Hund ist in der Lage unsere Schwächen schnell zu erkennen und diese dann zu seinem Vorteil zu nutzen.
Wird der Hund nicht als Hund gesehen, sondern als menschlicher Lebenspartner oder Kindersatz, sind viele Missverständnisse vorprogrammiert. Interpretieren wir in einen Hund menschliches Verhalten, werden wir vom Ergebnis oft enttäuscht, da seine Ziele und sein Weltbild ein völlig anderes ist.
Wenn wir versuchen die Welt aus der Sicht des Hundes zu betrachten, verstehen wir ihn und sehen seine Wünsche und Handlungen als völlig normal an.
Dann werden auch unsere Erwartungen erfüllt und einer erfolgreichen Symbiose steht nichts im Weg.
Jochen Scholz