Oft vergessen wir, dass ein Hund ein völlig anderes Weltbild hat als wir. Unser Weltbild ist geprägt von unserer Umgebung, Erziehung, Ausbildung und Umgang. Die gleiche Umgebung nimmt jeder Mensch völlig anders wahr, dazu mal ein Beispiel.
Auf dem Bild links sieht man eine Straße – was sehen wir Menschen?
Ein Architekt sieht wahrscheinlich alte Gebäude mit Bögen und Verzierungen.
Ein KFZ Mechaniker sieht einen alten VW Jetta und denkt hmmm der müsste doch schon Oldtimer sein.
Ein Werbefachmann sieht die Beschriftung der Gebäude zuerst.
Ein Gärtner die Blumen an den Fenstern am Haus in der Mitte.
Ein Straßenbauer sieht als erstes die Pflasterstraße, nimmt aber die Werbung garnicht bewusst war.
An diesen Beispielen merkt man, dass unser Weltbild von Erziehung, Beruf und Erfahrung geprägt ist. Vieles, was wir gelernt oder erfahren haben, lässt die Umwelt entsprechend auf uns wirken und das auf jeden Menschen anders.
So ist es auch beim Hund, was sieht ein Hund auf diesem Bild?
Ich weiß es nicht, denn:
1. bin ich geruchsblind
2. kenne ich die Erfahrungen des Hundes nicht und
3. hab ich noch nie durch die Augen eines Hundes schauen können
Ich weiß aber, was er sicherlich nicht wahr nimmt, alles das was die 5 Menschen oben wahrgenommen haben… – das sieht der Hund nicht.
Jetzt fällt uns auf, wie schnell wir unsere Hunde vermenschlichen. Wir versuchen unsere Hunde durch unser Weltbild zu verstehen, davon müssen wir uns verabschieden. Denn Blumen, Pflasterstraße, Automodelle, Bögen und Gebäude sind dem Hund völlig egal. Er hat ein anderes Weltbild und nimmt die gleiche Umgebung ganz anders wahr.
Durch seine Riechfähigkeiten gestaltet sich für den Hund ein ganz anderes Bild. Sein Gehirn fügt Nasenwahrnehmungen und Bilder der Augen wahrscheinlich zusammen, das gleiche Bild von oben könnte für einen Hund so aussehen.
Andere Farben da seine Augen weniger Grün aufnehmen, Unschärfen in unwichtigen, stehenden Bereichen, da die Augen der Hunde Bewegungen besser aufnehmen, eventuelle Geruchsquellen (mit Farben deutlich gemacht), die er zu einem Gesamtbild verbaut.
Daraus können Reaktionen folgen, die wir nicht vorher sehen können. Der Hund kann plötzlich jemanden anbellen, Ängste zeigen oder vor irgendwas ausweichen. Er reagiert aufgrund seiner Vorerfahrungen auf manche Dinge anders als wir es erwarten.
Dieses Weltbild des Hundes ist auch von der Rasse abhängig, ein Jagdhund hat seinen Focus in der Umwelt ganz woanders als ein Hovawart. Während der Jagdhund auf jeden Wildgeruch, den er findet, achtet, steht für den Hovawart eher der Schutz seines Besitzers im Vordergrund.
Ein Dackel denkt bis 1 Meter unter die Erde, wobei das gleiche einem Border Collie völlig egal ist.
Vielleicht verstehen Sie jetzt einiges besser, was der Hund so treibt, wenn wir gemeinsam unterwegs sind. Vielleicht versuchen Sie mal mit SEINEN Augen zu sehen, soweit es Ihnen möglich ist.
Wenn wir früh entdecken, was unserem Hund wichtig ist, können wir entsprechend handeln und vorbeugen. Wenn wir die Rasse und das Vorleben des Hundes berücksichtigen, werden wir ihn besser verstehen und damit auch besser führen.
Jochen Scholz